So nutzt du Entgelttransparenz als Employer-Branding-Chance
„Vergütungstransparenz“ – für viele Unternehmen klingt das nach Bürokratie, Risiko und Compliance-Aufwand. Doch was, wenn genau dieses Thema zur größten Chance wird, deine Arbeitgebermarke zu stärken, Fachkräfte zu gewinnen und langfristig zu binden?
Der Druck steigt: Ab 2026 gilt die EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz verbindlich. Spätestens dann musst du als Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden nicht nur Gehaltsdaten offenlegen, sondern auch strukturiert belegen können, dass gleiche Bezahlung für gleiche oder gleichwertige Arbeit gewährleistet ist.
Klingt trocken? Ist es nicht. Denn die Frage ist nicht, ob du dich mit Vergütungstransparenz beschäftigen wirst – sondern, wie du sie nutzt, um eine starke Botschaft an deine Mitarbeitenden, Bewerber:innen und Stakeholder zu senden:
👉 „Bei uns zählt Leistung, Kompetenz und Fairness – nicht Geschlecht, Herkunft oder Vitamin B.“
Dieser Artikel zeigt dir, wie du die rechtlichen Vorgaben nicht nur erfüllst, sondern daraus eine strategische Employer-Branding-Waffe machst.
1. Warum Vergütungstransparenz jetzt Chefsache ist
Vielleicht denkst du: „Das ist doch ein HR-Thema.“ Doch genau hier liegt der Fehler.
Vergütung ist immer ein Leadership-Thema. Warum? Weil Gehalt das sichtbarste Signal für Wertschätzung ist. Transparenz (oder Intransparenz) direkt auf die Kultur und Glaubwürdigkeit deiner Führung einzahlt. Weil Bewerber und Bewerberinnen, Investoren und Kunden längst genauer hinschauen.
Stell dir vor, dein Unternehmen wird in einem kununu- oder Glassdoor-Review öffentlich kritisiert: „Frauen verdienen hier deutlich weniger als Männer.“ Das wirkt wie ein Branding-GAU – und lässt sich nicht mit Benefits wie Obstkorb oder Feelgood-Events kompensieren.
👉 Fazit: Entgelttransparenz ist keine HR-Detailaufgabe, sondern ein strategisches Risiko und zugleich eine enorme Chance für deine gesamte Organisation.
2. Der Gender Pay Gap: Zahlen, Fakten, Realität
Der Gender Pay Gap in Deutschland beträgt aktuell rund 18 % (Statistisches Bundesamt, 2024). Selbst bereinigt – also wenn man Faktoren wie Arbeitszeit, Branche, Position berücksichtigt – bleiben etwa 6 % unerklärbare Differenz.
Viele Unternehmen argumentieren: „Bei uns gibt es keinen Gender Pay Gap.“ Die Wahrheit: In den meisten Unternehmen existieren unbewusste Ungleichheiten. Das kann so subtil sein wie:
- Einstiegsgehälter, die bei Männern höher verhandelt werden
- Beförderungen, die bei Frauen später ausgesprochen werden
- Zulagen, die informell vergeben werden – z. B. Projektprämien oder Boni
Das Problem: Ungerechtigkeit wird nicht mehr stillschweigend akzeptiert. Die junge Generation Y und Z fragt aktiv nach Fairness und Transparenz.
Die Chance: Wer hier klar und proaktiv kommuniziert, gewinnt Vertrauen – sowohl intern als auch extern.
3. Von der Pflicht zur Kür: Was das EU-Entgelttransparenzgesetz fordert
Ab Juni 2026 tritt die Richtlinie in Kraft. Die wichtigsten Punkte:
- Auskunftsrecht: Bewerbende dürfen vor einer Einstellung die Gehaltsspanne für eine Stelle erfahren
- Reporting-Pflicht: Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden müssen regelmäßig Gehaltsberichte erstellen
- Beweislastumkehr: Im Streitfall muss das Unternehmen nachweisen, dass keine Diskriminierung vorliegt
- Rechtsfolgen: Bei Verstößen drohen Bußgelder, Imageschäden und rechtliche Konsequenzen
Das bedeutet: Du kannst dich nicht länger hinter dem Satz „Gehalt ist vertraulich“ verstecken.
Doch genau das kannst du strategisch nutzen.
4. Vergütungstransparenz als Employer-Branding-Booster
Lass uns ehrlich sein: Die meisten Employer-Branding-Maßnahmen sind austauschbar. Homeoffice, Obstkorb, Sommerfest, „Wir sind wie eine Familie“ – das liest jede:r auf hunderten Karriereseiten.
Doch faire Bezahlung ist nicht austauschbar. Sie ist existentiell. Und genau hier entsteht deine Employer-Branding-Chance.
So kannst du Entgelttransparenz positiv nutzen:
a) Klare Gehaltsbänder kommunizieren
👉 „Für diese Rolle zahlen wir zwischen 70.000 und 85.000 € – je nach Erfahrung und Verantwortung.“ Das wirkt mutig, modern und ehrlich.
b) Gender Fairness offensiv betonen
👉 „Wir gleichen Gehaltsunterschiede aktiv aus und veröffentlichen regelmäßig Reports.“ Damit positionierst du dich als fairer Arbeitgeber.
c) Bewerber:innen emotional ansprechen
Stell dir vor, eine Frau liest in deinem Stelleninserat: „Bei uns zählt Kompetenz – nicht Geschlecht.“ Was glaubst du, welche Wirkung das hat?
d) Intern Vertrauen schaffen
Wenn Mitarbeitende verstehen, wie Gehälter systematisch und fair festgelegt werden, sinken Neid, Flurfunk und Misstrauen.
5. Häufige Einwände – und wie du sie entkräftest
„Das zerstört unsere Verhandlungsspielräume.“ – Falsch. Du definierst klare Spannen, aber hast immer noch Spielraum innerhalb dieser Range.
„Dann wollen plötzlich alle mehr Gehalt.“ – Kurzfristig vielleicht. Langfristig entsteht aber Klarheit und Fairness – das spart Konflikte und Fluktuation.
„Das ist viel zu komplex.“ – Ja, wenn du keine Struktur hast. Nein, wenn du ein klares System (Job-Level, Gehaltsbänder, Performance-Kriterien) implementierst.
👉 Merke: Widerstand entsteht vor allem aus Unsicherheit. Je klarer dein System, desto geringer die Ängste.
6. Best Practices: So gelingt die Umsetzung
Hier ein Fahrplan, wie du Vergütungstransparenz als Chance nutzt:
- Status quo analysieren: Wo gibt es Unterschiede? Welche Kriterien nutzt ihr für Gehaltsentscheidungen?
- Jobarchitektur und Gehaltsbänder entwickeln: Klare Levels und Karrierestufen schaffen. Marktbenchmarks einbeziehen.
- Kommunikationsstrategie aufsetzen: Wie kommunizierst du intern (Mitarbeitende, Führungskräfte)? Wie kommunizierst du extern (Karriereseite, Stellenanzeigen, Social Media)?
- Führungskräfte trainieren: Gehaltsgespräche souverän führen. Fragen zur Fairness sicher beantworten.
- Employer Branding nutzen: Transparenz in Storys übersetzen: „Wir haben unsere Gehaltsstrukturen angepasst, um echte Fairness zu schaffen.“
7. Fallbeispiel: Vom Risiko zur Marke
Ein mittelständisches IT-Unternehmen mit 250 Mitarbeitenden stellte fest: Frauen verdienten im Schnitt 8 % weniger. Statt das Problem zu verschweigen, startete die Geschäftsführung ein Projekt:
- Einführung von Gehaltsbändern
- Workshops mit Führungskräften, um Kriterien festzulegen
- Kommunikation nach außen: „Wir schließen unseren Gender Pay Gap bis 2026.“
Ergebnis: Innerhalb eines Jahres stieg die Bewerberquote von Frauen um 35 %. Das Unternehmen erhielt eine Auszeichnung als „Fair Pay Employer“. Fluktuation sank messbar.
👉 Lehre: Mut zur Transparenz zahlt sich doppelt aus – in Vertrauen und Attraktivität.
8. Dein nächster Schritt
Wenn du diesen Artikel liest, gehörst du zu denjenigen, die Verantwortung tragen. Die Frage ist: Willst du nur reagieren, wenn das Gesetz dich zwingt? Oder willst du die Entgelttransparenz aktiv als Wettbewerbsvorteil nutzen?
👉 Du kannst Vergütung zu einem positiven Signal deiner Marke machen – oder du riskierst, dass andere über dich sprechen, bevor du selbst die Deutungshoheit ergreifst.
Vergütungstransparenz ist kein Compliance-Monster – sondern deine Employer-Branding-Chance
Der Gender Pay Gap ist Realität – und wird öffentlich diskutiert. Ab 2026 sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, Transparenz zu schaffen. Wer jetzt handelt, kann aus einer Pflicht eine Markenstärke machen.
👉 Nutze die Chance, dich als faire, zukunftsorientierte Arbeitgebermarke zu positionieren.
👉 Baue Vertrauen, gewinne Talente, halte deine besten Köpfe.
Denn: Fairness ist das neue Employer Branding.