Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie bringt weitreichende Veränderungen mit sich – und eine der wichtigsten Neuerungen betrifft die Reporting-Verpflichtungen für Unternehmen. Diese Berichtspflichten sind kein Randthema, sondern ein zentrales Instrument, mit dem Transparenz und Vergleichbarkeit im Bereich der Vergütung geschaffen werden sollen. Für viele Unternehmen bedeutet das: mehr Aufwand, aber auch die Chance, frühzeitig Strukturen zu schaffen, die langfristig für Fairness, Arbeitgeberattraktivität und Rechtssicherheit sorgen.

In diesem Beitrag erhältst du einen detaillierten Überblick darüber, wie die Berichtspflichten ausgestaltet sind, wen sie betreffen, welche Inhalte veröffentlicht werden müssen und warum es entscheidend ist, jetzt mit der Vorbereitung zu beginnen.

Warum Reporting so zentral ist

Die Entgelttransparenzrichtlinie verfolgt ein klares Ziel: gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit. Um dieses Ziel durchzusetzen, reicht es nicht aus, dass Mitarbeitende individuelle Auskunftsrechte haben. Erst durch die systematische Erhebung, Analyse und Veröffentlichung von Vergütungsdaten entsteht eine Grundlage, auf der Ungleichheiten sichtbar gemacht – und letztlich auch beseitigt – werden können.

Das Reporting ist damit mehr als eine reine Formalie. Es ist ein Hebel, um Unternehmen in die Verantwortung zu nehmen und gesellschaftlichen Druck zu erzeugen: Wer ein faires Vergütungssystem etabliert, wird davon profitieren – wer Lücken offenbart, gerät unter Handlungsdruck.

Zeitplan: Wann Unternehmen berichten müssen

Die Einführung der Berichtspflichten erfolgt gestaffelt nach Unternehmensgröße. Dabei gilt ein klarer Zeitrahmen:

  • Ab dem 7. Juni 2027: Unternehmen mit 250 oder mehr Beschäftigten müssen erstmals für das abgelaufene Geschäftsjahr einen Bericht erstellen und veröffentlichen. Danach folgt eine jährliche Berichtspflicht.
  • Ab 2031: Unternehmen mit 150 bis 249 Beschäftigten müssen ebenfalls jährlich berichten.
  • Ab 2035: Die Pflicht weitet sich auf Unternehmen mit 100 bis 149 Beschäftigten aus.
  • Unter 100 Beschäftigten: Grundsätzlich keine Verpflichtung – allerdings können die Mitgliedsstaaten zusätzliche Regelungen erlassen und kleinere Unternehmen einbeziehen.

Damit wird klar: Auch wenn manche Betriebe erst später betroffen sind, ist die Richtung eindeutig – Transparenz wird der Standard. Wer heute noch denkt, mit weniger als 250 Mitarbeitenden außen vor zu bleiben, könnte morgen schon von nationalen Vorschriften eingeholt werden.

Umfang: Welche Daten offengelegt werden müssen

Die Berichtspflichten gehen weit über eine einfache Kennzahl hinaus. Sie verlangen eine differenzierte Analyse der gesamten Vergütungsstruktur. Folgende Informationen müssen mindestens dargestellt werden:

  1. Das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle
    • Verhältnis zwischen den durchschnittlichen Bruttostundenlöhnen von Männern und Frauen.
  2. Das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle bei ergänzenden oder variablen Entgeltbestandteilen
    • Fokus auf Boni, Prämien, Sachleistungen oder Gewinnbeteiligungen.
  3. Das mittlere geschlechtsspezifische Entgeltgefälle
    • Medianwerte, um Verzerrungen durch Ausreißer zu vermeiden.
  4. Das mittlere geschlechtsspezifische Entgeltgefälle bei ergänzenden oder variablen Entgeltbestandteilen
    • Median-Betrachtung für zusätzliche Vergütungsformen.
  5. Der Anteil der Arbeitnehmer:innen mit ergänzenden oder variablen Entgeltbestandteilen
    • Welche Mitarbeitenden erhalten Boni & Co. überhaupt – und gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede?
  6. Der Anteil der Arbeitnehmer:innen in jedem Entgeltquartil
    • Aufschlüsselung der Belegschaft nach Einkommensquartilen, getrennt nach Geschlechtern.
  7. Das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle nach Grundlohn und ergänzenden Bestandteilen
    • Präzisierung, ob Unterschiede beim Grundgehalt oder bei Zusatzleistungen entstehen.

Diese Liste verdeutlicht: Das Reporting ist umfassend, kleinteilig und tiefgehend. Es reicht nicht aus, nur Durchschnittswerte zu liefern – Unternehmen müssen ihre gesamte Vergütungsarchitektur durchleuchten.

Neuer Unterschied: Veröffentlichung und Kontrolle

Ein entscheidender Unterschied zu bisherigen Offenlegungspflichten, wie man sie etwa aus dem deutschen Entgelttransparenzgesetz oder Einkommensberichten kennt, liegt in der Veröffentlichung und staatlichen Kontrolle.

  • Die erhobenen Daten müssen nicht nur intern aufbereitet, sondern auch an eine staatliche Überwachungsstelle übermittelt werden.
  • Diese Stelle sammelt die Daten, prüft sie und veröffentlicht sie.

Das bedeutet: Die Vergütungsdaten werden sichtbar – für Mitarbeitende, für Gewerkschaften, für die Öffentlichkeit. Der Reputationsfaktor steigt erheblich. Unternehmen, die deutliche Lücken zeigen, riskieren Imageschäden und regulatorischen Druck.

Herausforderungen für Unternehmen

Die Berichtspflichten bringen einige zentrale Herausforderungen mit sich:

  • Datenverfügbarkeit: Viele Unternehmen verfügen heute nicht über die nötigen Systeme, um die geforderten Kennzahlen präzise und konsistent zu erheben.
  • Komplexität variabler Vergütung: Boni, Benefits oder Sachleistungen sind oft intransparent dokumentiert – ihre systematische Erfassung erfordert neue Prozesse.
  • Einheitliche Definitionen: Was zählt zum Grundgehalt? Welche Leistungen gelten als variabel? Hier braucht es klare interne Standards.
  • Ressourcenbedarf: HR-Abteilungen müssen zusätzliches Know-how, Personal und technische Unterstützung aufbauen.
  • Rechtliche Absicherung: Fehlerhafte oder unvollständige Berichte können zu Sanktionen führen.

Kurz gesagt: Wer sich erst 2027 mit dem Thema befasst, ist zu spät dran.

Chancen: Warum Reporting mehr ist als Pflicht

So groß die Herausforderung ist, so groß ist auch die Chance. Unternehmen, die frühzeitig handeln, können die Berichtspflichten strategisch nutzen:

  • Employer Branding: Ein transparentes, faires Vergütungssystem stärkt die Arbeitgebermarke und wirkt als Wettbewerbsvorteil im Recruiting.
  • Mitarbeiterbindung: Offene Kommunikation über Gehaltsstrukturen schafft Vertrauen und reduziert Fluktuation.
  • Rechtssicherheit: Wer seine Vergütungsmodelle systematisch überprüft, minimiert Klagerisiken und Bußgelder.
  • Strategisches HR-Management: Die Erhebung der Daten liefert wertvolle Insights für Gehaltsbänder, Karrierepfade und Personalplanung.

Statt Reporting nur als Pflicht zu sehen, sollten Unternehmen es als Impuls zur Professionalisierung begreifen.

Vorbereitung: Wie Unternehmen jetzt handeln sollten

Um rechtzeitig vorbereitet zu sein, sind folgende Schritte sinnvoll:

  1. Bestandsaufnahme
    • Welche Vergütungsdaten liegen aktuell vor?
    • Sind sie vollständig, konsistent und geschlechtsneutral aufbereitet?
  2. Systeme und Tools
    • HR-Software evaluieren oder erweitern, die Reporting-fähig ist (z. B. Personio, Dayforce, SAP SuccessFactors).
  3. Gehaltsbänder entwickeln
    • Transparente, objektive Gehaltsstrukturen schaffen – Grundlage für alle weiteren Analysen.
  4. Pilot-Reporting durchführen
    • Noch vor 2027 ein Testlauf mit fiktivem Bericht starten, um Lücken und Schwachstellen zu identifizieren.
  5. Kommunikation vorbereiten
    • Intern: Mitarbeitende aufklären, warum Transparenz wichtig ist.
    • Extern: Proaktive Kommunikation, um die Arbeitgebermarke zu stärken.
  6. Governance verankern
    • Zuständigkeiten klar festlegen: HR, Controlling, Rechtsabteilung und Geschäftsführung müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen.

Internationale Dimension

Da es sich um eine EU-Richtlinie handelt, sind alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, sie in nationales Recht zu überführen. Dabei können die Details variieren:

  • Manche Länder könnten zusätzliche Berichtspflichten auch für kleinere Unternehmen einführen.
  • Unterschiede können auch bei Fristen, Format oder Veröffentlichungspflichten entstehen.

Für international tätige Unternehmen bedeutet das: Länderspezifische Anpassungen sind notwendig. Ein zentralisiertes, harmonisiertes Vergütungssystem wird dadurch noch wichtiger.

Reporting als Weckruf

Die umfassenden Reporting-Verpflichtungen sind mehr als eine bürokratische Hürde. Sie markieren einen Paradigmenwechsel: Weg von intransparenten, schwer vergleichbaren Vergütungssystemen – hin zu objektiver, nachvollziehbarer und geschlechtsneutraler Entlohnung.

Unternehmen haben jetzt die Wahl:

  • Reaktiv abwarten und erst handeln, wenn die Pflicht scharf geschaltet ist. Das führt zu Stress, Risiken und möglicherweise negativen Schlagzeilen.
  • Oder proaktiv die Zeit nutzen, um Strukturen, Systeme und Kommunikation aufzubauen – und die Reporting-Pflichten als Chance zur Modernisierung und Stärkung der Arbeitgebermarke nutzen.

Wer früh beginnt, wird nicht nur rechtlich abgesichert sein, sondern auch strategisch profitieren: durch mehr Fairness, bessere Mitarbeiterbindung und ein starkes Signal an den Markt.

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Hinweis / Disclaimer:
Die Inhalte dieses Artikels wurden mit größter Sorgfalt erstellt und basieren auf dem derzeitigen Stand der Gesetzgebung und EU-Richtlinien (Stand: Oktober 2025). Bitte beachte, dass die nationale Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie bis spätestens 7. Juni 2026 erfolgen muss und dadurch Änderungen oder Konkretisierungen möglich sind. Dieser Beitrag ersetzt keine rechtliche Beratung.