Der Begriff Entgeltbericht ist seit Einführung des Entgelttransparenzgesetzes im Jahr 2017 ein fester Bestandteil der Diskussion um faire Bezahlung in Unternehmen. Während das Gesetz allgemein mehr Transparenz schaffen soll, ist der Entgeltbericht das zentrale Instrument für große Unternehmen, um ihre Bemühungen zur Gleichstellung und Entgeltgerechtigkeit sichtbar zu machen.
Doch was genau ist ein Entgeltbericht, wer muss ihn erstellen und welche Inhalte gehören hinein?
Ein Entgeltbericht ist ein regelmäßiger Bericht, in dem Unternehmen offenlegen müssen, welche Maßnahmen sie ergreifen, um die Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen sicherzustellen. Der Bericht ist nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein Instrument, das Transparenz schafft – sowohl nach innen für die Mitarbeiter als auch nach außen für Öffentlichkeit und Bewerber.
Wer muss einen Entgeltbericht erstellen?
Die Pflicht zur Erstellung eines Entgeltberichts gilt nicht für alle Unternehmen, sondern nur für bestimmte Gruppen:
- Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten
- Unternehmen, die nach Handelsgesetzbuch (HGB) ohnehin einen Lagebericht veröffentlichen müssen
Diese Unternehmen sind verpflichtet, in regelmäßigen Abständen einen Entgeltbericht vorzulegen.
- Tarifgebundene Unternehmen: alle fünf Jahre
- Nicht tarifgebundene Unternehmen: alle drei Jahre
Kleinere Unternehmen sind bisher nicht betroffen, könnten aber durch die neue EU-Entgelttransparenzrichtlinie künftig stärker in die Pflicht genommen werden.
Inhalte eines Entgeltberichts
Ein Entgeltbericht muss bestimmte Inhalte abdecken. Vorgeschrieben ist, dass Unternehmen darstellen,
- welche Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung ergriffen wurden,
- welche Schritte unternommen wurden, um Entgeltgleichheit herzustellen,
- wie wirksam diese Maßnahmen waren,
- und warum eventuell keine Maßnahmen ergriffen wurden.
Viele Unternehmen ergänzen den Entgeltbericht um Daten zu durchschnittlichen Gehältern, Frauen- und Männeranteilen in unterschiedlichen Positionen sowie weiteren Kennzahlen rund um Personalstruktur und Bezahlung.
Ziel des Entgeltberichts
Der Entgeltbericht verfolgt mehrere Ziele:
- Transparenz schaffen: Mitarbeiter und Öffentlichkeit sollen sehen können, wie ein Unternehmen mit dem Thema Entgeltgleichheit umgeht.
- Selbstkontrolle fördern: Unternehmen reflektieren regelmäßig ihre Entgeltstrukturen und erkennen mögliche Ungleichheiten.
- Gleichstellung vorantreiben: Durch die regelmäßige Auseinandersetzung werden Ungleichgewichte sichtbar und Handlungsdruck erzeugt.
- Reputation stärken: Unternehmen, die offen und fair berichten, können ihr Image verbessern und sich als attraktive Arbeitgeber positionieren.
Kritik am Entgeltbericht
Auch wenn der Entgeltbericht eine wichtige Rolle spielt, wird er in der Praxis nicht selten kritisiert.
- Formalisierung: Viele Unternehmen erfüllen die Berichtspflicht formal, ohne echte Veränderungen anzustoßen.
- Fehlende Vergleichbarkeit: Da die Gestaltung des Berichts relativ frei ist, lassen sich Berichte zwischen Unternehmen kaum vergleichen.
- Geringe Bekanntheit: Die Berichte sind selten einer breiten Öffentlichkeit zugänglich oder verständlich aufbereitet.
- Keine direkte Verpflichtung zu Maßnahmen: Es besteht zwar eine Pflicht zum Bericht, nicht aber zwingend zur Umsetzung von Verbesserungen.
Entgeltbericht im europäischen Kontext
Die EU hat 2023 eine neue Richtlinie zur Lohntransparenz verabschiedet, die bis Juni 2026 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Der Entgeltbericht gewinnt künftig an Verbindlichkeit und Aussagekraft.
Die wichtigsten Neuerungen:
- Unternehmen müssen konkrete Daten zum Gender Pay Gap veröffentlichen.
- Abweichungen von mehr als fünf Prozent müssen erklärt und korrigiert werden.
- Gehaltsspannen sollen bereits in Stellenausschreibungen angegeben werden.
- Verstöße können mit Sanktionen belegt werden.
Der Entgeltbericht entwickelt sich künftig von einer bloßen Formalität zu einem echten Steuerungsinstrument. Unternehmen müssen damit messbare Ergebnisse liefern.
Praxisbeispiel
Ein Unternehmen mit 2.000 Mitarbeitern veröffentlicht seinen Entgeltbericht. Dabei zeigt sich, dass Frauen in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert sind und im Durchschnitt weniger verdienen als Männer in vergleichbarer Rolle.
Der Bericht enthält konkrete Maßnahmen: ein internes Mentoring-Programm für weibliche Führungskräfte, verbindliche Gehaltsbänder für alle Positionen und flexible Arbeitszeitmodelle zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Der Entgeltbericht setzt intern wie extern ein klares Signal: Das Unternehmen arbeitet aktiv an der Beseitigung von Ungleichheiten.
Chancen durch den Entgeltbericht
Richtig umgesetzt, ist der Entgeltbericht keine lästige Pflicht, sondern ein echtes Potenzial für Unternehmen:
- Employer Branding: Offene Kommunikation zu Gehältern stärkt das Vertrauen.
- Mitarbeiterbindung: Wer fair und transparent bezahlt, reduziert Fluktuation.
- Wettbewerbsvorteil: Unternehmen, die frühzeitig umfassende Entgeltberichte erstellen, sind den kommenden EU-Regelungen voraus.
- Rechtssicherheit: Transparente Strukturen schützen vor Vorwürfen und Klagen.
Tipps für Unternehmen
- Den Entgeltbericht nicht nur als Pflichtdokument sehen, sondern aktiv als Instrument zur Unternehmensentwicklung nutzen.
- Frühzeitig Daten sammeln und systematisch aufbereiten, um valide Aussagen treffen zu können.
- Den Bericht klar, verständlich und für die Öffentlichkeit zugänglich gestalten.
- Die kommenden EU-Vorgaben schon jetzt berücksichtigen und Gehaltsspannen, Gender Pay Gap und Maßnahmen offen kommunizieren.
Der Entgeltbericht ist ein wichtiger Baustein des Entgelttransparenzgesetzes und wird durch die EU-Richtlinie in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Auch wenn er in der Praxis oft noch als bürokratische Pflicht empfunden wird, bietet er die Chance, Fairness, Transparenz und Gleichstellung sichtbar zu machen.
Unternehmen, die den Entgeltbericht strategisch nutzen, sichern sich nicht nur rechtlich ab, sondern stärken auch ihr Image und ihre Attraktivität im Wettbewerb um Talente. Für Arbeitnehmer wiederum schafft er eine Grundlage, um faire Bezahlung einzufordern und Vertrauen in die Vergütungsstrukturen zu gewinnen.
Kurz gesagt: Der Entgeltbericht ist kein lästiger Zusatz, sondern ein Signal für eine moderne, faire und transparente Arbeitswelt.

Nicole Fromhold ist Geschäftsführerin von Fromhold Consulting GmbH und seit über 18 Jahren im HR-Bereich tätig. Als Interim Managerin, Beraterin, Business Coach und Podcasterin („Leading HR“) unterstützt sie Unternehmen dabei, nachhaltige Personalstrukturen aufzubauen, Führung neu zu denken und Mitarbeiterbindung zu stärken. Ihre Arbeit verbindet strategische Klarheit mit menschlicher Empathie.